Neue Wege 11

schwule Geschichte

Nach dem verheerenden Brief von Alex war ich völlig verwirrt und neben der Spur.
Aber ich versuchte alles um ihn wieder zu finden.
Ich lief aus unser Unterkunft und viel dabei fast über ein paar Stufen hinunter.

Wieder hinaus auf den Sandstreifen, vorbei an Sherpas und Trekkern.
Die dem "Verrückten" verständnislos nachschauten, der in der dünnen Luft über Geröll und schmutzigen Schneeflächen sprintete und auf die niedere Moräne zu lief.
Auf genau der Moräne wo ich Alex zuletzt gesehen hatte.

Oben angekommen verzagte ich dann komplett als ich es sah.

Unter mir tat sich eine verschachtelte Gletscher- und Toteisgletscherlandschaft auf, in der ich wahrscheinlich Tage verbringen konnte, um Alex zu suchen, ohne ihn je zu finden, wenn er es nicht wollen würde.

Aber was blieb mir schon anderes übrig.
Im Dauerlauftempo lief ich die Moräne auf der Nordwestseite runter und dann kam ich auf einem groben Blockfeld nur langsam vorwärts, aus Angst, mir bei einem falschen Schritt selbst noch ein Bein zu brechen oder schlimmeres.
Ich schaute mich um und entschied mich, direkt nach Norden in ein hufeisenförmiges Sackgassental zu gehen, das von einer riesigen Felswand begrenzt wurde.

In dieser Richtung schien mir der Weg am ehesten noch begehbar zu sein.
Deshalb vermutete ich, dass auch Alex diese Route eingeschlagen haben könnte.

Nachdem ich einen vielleicht fünf Meter hohen Findling umgangen hatte, der mir dumm im Weg rum lag, sah ich in der Ferne einen auffälligen roten Punkt.

*Das könnte seine Daunenjacke sein* war mein erster Gedanke.

Ich nahm wieder mein Dauerlauftempo auf, ohne mich von der Gefahr eines Fehltrittes oder des Gefühls einer von der Anstrengung kollabierenden Lunge aufhalten lassen zu können.
Ich näherte mich dem roten Punkt und sah, dass es sich wirklich um einen Menschen handelte, der zusammengekauert auf einem Stein saß.

Je näher ich kam, umso schneller rannte ich.
Als ich sah das es wirklich Alex war, viel mir eine riesen lasst von meinen Schultern.

Alex deutete mir mit einer Handgeste, langsam zu machen.
Ich war noch knappe hundert Meter von ihm entfernt, als ich dan erkannte, dass Alex unversehrt war, hielt ich mich dann auch an seine Geste.

Ich ging zügigen Schrittes weiter zu ihm und als ich ankam, verließen mich meine Kräfte.
Als ich vor Alex stand, gaben meine Knie nach. Meine Atmung und mein Puls lieferten sich ein Wettrennen und ich hatte das Gefühl, mein Magen würde sich umdrehen, als ich auf allen Vieren vor Alex kniete.

„Was machst du denn für einen Scheiß! So etwas kannst du ja nicht ernst meinen einfach einen Brief hinterlassen und glauben das wars dann." hechelte ich ohne Stimme, und mit gefüllten 100 Atempausen.

Alex hatte seine Gletscherbrille neben sich liegen und deshalb konnte ich auch die Tränen in seinen Augen sehen.

Neben seiner Brille lag sein Schweizer Messer.
Eine kleine, spitze Klinge war aufgeklappt: „Ich kann es nicht. Ich habe wirklich gehofft, dass du kommst, Lucas. "

Ich musste mich auf Alex Knie abstützen, um mich hochzurappeln und mich neben ihn auf den Stein zu setzen.
Zuerst schwiegen wir. Während sich mein Herz beruhigte, begann Alex aber, mir Seines auszuschütten.

Alex gestand mir, dass er sich schon vor dem Urlaub die Option ausmalte, genauso wie seine Eltern nicht mehr aus dem Gebirge zurückzukehren.
In den letzten Tagen vor der Abreise wurde aus dieser Option eine fixe Idee. Alex versuchte, die Zuneigung die er für mich immer mehr empfand und aufgebaut hatte von seiner Seele abzublocken, was er mehr oder weniger gut geschafft hatte.
Am Gedenkschrein seiner Eltern hatte er sich dann endgültig festgelegt, seinen Plan zu vollenden.

Abends hatte er in Gorak Shep seinen Abschiedsbrief geschrieben und kurz nach unserem Aufbruch zum Kala Patthar ging Alex unter einem Vorwand zurück in die Lodge, um den Brief in meinen Schlafsack zu legen.

Auf dem Weg nach oben zum Kala Patthar fühlte sich Alex dann gut. Sein seelisches Exitprogramm war am laufen, aber Alex war deshalb nicht wehmütig.

„Erst da oben hast du es dann endgültig geschafft, mich zum zweifeln zu bringen." sagte mir Mirco und wies auf den Kala Patthar, der von hier jetzt östlich von uns lag.

„Du hast mich gefragt, ob ich schon gelebt habe. Aber bis jetzt habe ich nur vegetiert und geträumt.
Ich wollte meinen Plan trotzdem durchziehen, habs aber nicht geschafft. Ich glaube, insgeheim habe ich darauf gewartet, dass du mich rettest." Alex lächelte mich traurig an, bevor er weiter sprach: „Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber jetzt hast du mich an der Backe"

„Ich hab dich gerne an der Backe, auch wenn du ein Idiot bist. Aber eins noch das nächste Mal wenn du so etwas versuchst bring ich dich dan selbst um. "antwortete ich mit einem erleichtertem Lachen.

Dann geschah es.

Unsere Lippen berührten sich und Alex Zunge kam in meinen Mund. Obwohl meine Mundhöhle praktisch ausgetrocknet war und Alex Speichel durch den Stress und die Anstrengungen des Vormittags bitter schmeckte, war es mit Abstand der schönste Kuss, den ich jemals erleben durfte.
Wir nahmen uns Zeit, ihn zu genießen, dann sagte Alex :„Ich friere. Lass uns doch bitte zurück gehen. "

Er sprach mir aus der Seele.

Es dauerte fast drei Stunden, bis wir wieder in Gorak Shep und mir wurde da erst bewusst, wie weit ich in Wirklichkeit gerannt war.
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Kommentare (2)
  • Wieder ein schöner Teil. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich nach dem letzten Teil mit Alex Brief schon Pläne hatte, den Autor zu foltern, anschließend vierzuteilen und noch andere unvorstellbare Sachen an ihm zu machen :-D. Aber das ist ja nun nicht mehr nötig, es sei denn, Alex überlegt es sich doch noch einmal anders ;-)

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  • ich liebe Happy End und hoffe gleichzeitig, dass die Geschichte nicht somit beendet ist..............

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