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Ermittlungen gegen Schweizergarten-Stricher

Auch Freier angezeigt

iBoys Magazin Symbol Foto©Shutterstock
Bereits im Februar vermeldete das Landeskriminalamt Wien einen Schlag gegen eine kriminelle Organisation, die sich ihre Opfer unter anderem im Umfeld der Stricherszene am Schweizergarten nahe des Wiener Hauptbahnhofs suchte. Nun kann die Polizei in dieser Causa neue Details präsentieren: 30 Beschuldigte, 18 Haftbefehle und an die 80 nachgewiesene Straftaten wurden ermittelt, unter den Beschuldigten sind auch einige Freier. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung
Ins Rollen brachte den Fall ein Einbruch im Mai 2017: Ein 78-Jähriger wurde in seiner Wohnung in Wien-Landstraße im Schlaf von drei Männern überfallen. Sie weckten den schlafenden Pensionisten und forderten Geld.

Im Zuge der Ermittlungen konnte ein 22-Jähriger Slowake ausgeforscht und im Juni 2017 in seiner Heimat festgenommen werden. Der junge Mann hinterließ der Polizei zufolge seine Fingerabdrücke am Tatort. Er war bereits zuvor in der Stricherszene beim Schweizergarten aufgefallen, wo es zu dieser Zeit zu einer Anhäufung von Straftaten gekommen war. Offenbar wurden die Opfer dort ausgekundschaftet.

Neben dem Einbruch bei dem 78-Jährigen überfiel die Bande auch einen 66-Jährigen, der sechs Wochen lang im Koma lag und seitdem ein Pflegefall ist. Außer diesen beiden schweren Raubüberfällen werden der Bande nun Diebstähle, Einbruchsdiebstähle, Hehlerei, Erpressung und Bildung einer kriminellen Vereinigung zur Last gelegt. Bei ihren Streifzügen haben die Slowaken insgesamt 5.500 Euro Beute gemacht.

„Pate“ der Organisation soll ein elffacher Vater im Rollstuhl sein

Die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass hier eine Organisation aus zwei bis drei Familienbanden tätig sein dürfte, deren Mitglieder aus einer kleinen Ortschaft im Bezirk Lucenec in der Mittelslowakei stammten. Den Lebensunterhalt finanzierte sich die Gruppe den Ermittlungen der Polizei zufolge mit schwuler Prostitution und Eigentumsdelikten – auch in Kombination miteinander.

Ein 55-jähriger elffacher Familienvater, der im Rollstuhl sitzt, soll mit einem Helfer den Transport der Sexarbeiter, die zwischen 15 und 30 Jahre alt waren, nach Wien organisiert haben. Der Mann, der mittlerweile in Wien in Untersuchungshaft sitzt, soll sogar einen seiner Söhne im Alter von maximal 15 Jahren als Sexarbeiter in den Schweizergarten mitgenommen haben.

Im Schweizergarten wurden die Männer den Kunden „wie bei einer Parade vorgeführt“, schildert der Ermittler Helmut Fröschl am Mittwoch der Presse. Der 55-Jährige und seine Komplizen müssen sich nun wegen Menschenhandel, grenzüberschreitender Prostitutionshandel und Zuhälterei in zumindest 19 Fällen vor Gericht verantworten.

In Wien waren die Sexarbeiter oft obdachlos

Einen Teil ihrer Einnahmen mussten die Sexarbeiter für den Transport und zum „Schutz“ abliefern, so die Ermittlungen. Während ihres Aufenthalts in Wien waren die Männer oft obdachlos und zum Teil regelrecht verwahrlost. Sie schliefen im Freien oder kamen immer wieder eine Zeit lang bei Freiern unter. Teilweise seien sie von der eigenen Familie unter Druck gesetzt worden, ihr Geld durch Prostitution zu verdienen.

Die Opfer der Einbrüche und Diebstähle waren oft die Kunden der Bandenmitglieder, teils verheiratete Männer im Alter zwischen 45 und 80 Jahren. Ihnen drohten die Verdächtigen unter anderem, sie zu outen. Teilweise wurden die Überfälle auch begangen, um den ausständigen „Schandlohn“, so die Polizisten wörtlich, einzutreiben. Auf der Seite der Slowaken gelten nunmehr 19 Straftaten, inklusive der Bildung einer kriminellen Vereinigung, als geklärt.



Sexueller Missbrauch von Jugendlichen: Auch einige Kunden wurden angezeigt

Und auch für einige Kunden der Sexarbeiter gibt es ein böses Erwachen: Zwölf von ihnen werden als Beschuldigte geführt. Die Ermittler sprechen von zumindest 39 geklärten Fällen von sexuellem Missbrauch Jugendlicher. Bisher habe nur einer den ihm angelasteten Missbrauch zugegeben, so die Polizei. Die weiteren Beschuldigten verantworten sich damit, „die jungen Menschen nur eingeladen zu haben, um ihnen Unterstand und eine Möglichkeit zum Duschen zu bieten“. Sie wurden auf freiem Fuß angezeigt.

Im Schweizergarten herrscht „momentan Ruhe“, so die Ermittler. Allerdings beginne sich das Vakuum nach der Verhaftung der Slowaken „langsam mit anderen Ethnien wieder zu füllen“. Aktuelle Sammelpunkte seien die größeren Bahnhöfe, das Einkaufszentrum „The Mall“ in Landstraße sowie die Venediger Au in der Leopoldstadt. Die Polizei setze alles daran, solche Szene-Bildungen zu vermeiden.
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