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Raus aus dem Schrank

Coming-out

iBoys Magazin ©Adobe Stock
Coming-out ist mal wieder Englisch und beschreibt das Gegenteil von "in the closet", im Schrank. Das Bild ist so: Man sitzt im Schrank, kann seine Gefühle nicht richtig einordnen und versteckt sich. Dann öffnet man die Tür, Licht fällt auf die eigenen Gefühle, und man kommt aus dem Schrank heraus. Oft wird ein Coming-out nur als Moment gesehen, in dem man jemandem von seiner Sexualität erzählt. Es ist aber ein Prozess.

Wenn man auf Social Media von Leuten hört, ja, mit 16 hatten sie ihr Coming-out und seitdem gehen sie superoffen damit um, dann klingt das erst einmal ziemlich cool und easy. Ein bisschen wie eine Vorher-nachher-Umstyling Geschichte. Vom schüchternen, unscheinbaren Aschenbuttel zur selbstbewussten Schönheit. Nach einem Coming out geht das selbstbewusste leben los - and they lived happily ever after.

Ein Coming-out kann definitiv superbefreiend sein und unglaublich viele Energien freisetzen. Aber in echt kann die Sache auch ein bisschen messy sein und ist definitiv mit einem Mal erledigt. Mal ist die Situation nicht ganz ungefährlich, mal hat man eigentlich überhaupt keinen Nerv, sich schon wieder erklären zu müssen, wenn einem jemand jovial auf die Schulter haut und verkündet, dass da auch heiße Girls auf der Party sein werden. Äh, ja.

Aber vor allem ist es halt nicht so, dass man plötzlich automatisch weiß, okay, ich bin schwul oder straight. Macht man halt 'nen Test, tickt die richtigen Boxen, schwul, alles klar, und dann geht es nur noch darum, wie sagt man's seinen Eltern, Freunden und wer da sonst noch so wichtig ist im Leben.

Reality Check: Die größte Battle findet meist erst mal in einem selbst statt. Und die beginnt oft viel früher als zu dem Zeitpunkt, an dem man einen Bin-ich-vielleicht-schwul?-Test im Internet macht.

Kurz zu diesen Tests: Also, die kann man natürlich machen. Und vielleicht hilft einem sogar die ein oder andere Frage. Aber jeder ist anders, und die Sache mit den Gefühlen ist erst recht kompliziert. Und es ist völlig okay, wenn einen die Frage "Kannst du dir vorstellen, mit einem anderen Jungen intim zu sein?" nur wütend und ratlos macht. Wenn ich's wüsste, müsste ich ja den dummen Test nicht machen. Also vielleicht erst mal lassen.

Schwul? ich doch nicht

Man unterscheidet zwischen dem äußeren Coming-out, also wenn man andere Leute über seine Sexualität informiert, und dem inneren Coming-out. Das innere Coming-out ist eher selten mit einem einzigen Gespräch mit sich selbst erledigt. Gibt es auch. Aber bei den meisten Leuten ist es eher ein Prozess. Und der kann dauern, was auch okay ist. Und was verschiedene Gründe hat. Einmal denken wir halt alle automatisch erst mal, dass wir hetero sind. Selbst, wenn wir wissen, dass es auch andere Sexualitäten gibt. Aber die Vater-Mutter-Kind-Familie und das Junge-liebt-Mädchen-Modell begegnen einem von Anfang an so dermaßen in Dauerschleife, dass man gar nicht anders kann, als das selbstverständlich auch für sich als das vorgesehene Modell anzunehmen. Das Hetero-Modell ist wirklich überall. Und das Dumme ist, wir saugen das alles nur so in uns auf und halten es für das richtige. Kein Wunder also, dass wir natürlich denken, wir sind hetero. Klar gibt es schwul, aber ich doch nicht. Schwul sind die anderen.

Der Prinz aus der Parallelklasse

Oft ist da erst mal nur ein Gefühl von nicht so großer Begeisterung, die Prinzessin zu küssen. Mit ihr stundenlang quatschen, abhängen, über Jungs reden? Klar. Supergerne. Weshalb es auch sein kann, dass sich die Prinzessin ihrerseits in einen verliebt. Weshalb es auch sein kann, dass man es mit ihr versucht. Weil: wer sonst, wenn nicht sie? Sie, die einen versteht wie sonst niemand. Aber irgendwie ist die Sehnsucht nach körperlicher Nähe nicht so groß wie in all den Filmen und Geschichten dargestellt oder wie das Kribbeln, das man verspürt, wenn man in Wahlpflicht Bio neben diesem Typen aus der Parallelklasse sitzt. Manchmal ist da auch einfach nur ein komisches Gefühl in einem. Und es braucht Zeit und Mut, in sich hineinzuschauen und sich selbst zu befragen. In sich zu spüren und seine Gefühle zu entdecken, ernst zu nehmen, zuzulassen. Eigentlich wäre es gut, wenn sich alle fragen würden, ob sie eigentlich hetero sind.

Keine Wahl

Dass man sich auf die Suche macht, heißt übrigens nicht, dass es in einem drin ein großes Buffet gibt, von dem man sich seine Sexualität aussuchen kann. Schwul sein ist keine Wahl. Auch wenn es Knallköppe gibt, die das leider immer noch glauben. Man kann es nur früher oder später für sich herausfinden, sich damit auseinandersetzen, was das für einen selbst und seinen Lebensweg bedeutet. Für viele Leute ist es am Anfang leider immer noch mit einem Schock verbunden. Nicht, weil am Schwulsein irgendwas schockierend wäre. Sondern weil es in der Gesellschaft immer noch Homofeindlichkeit gibt, also Deppen, die schwul als Schimpfwort benutzen und meinen, sie dürften ihre schlechte Seite rauslassen und schwule Menschen mobben. Insofern ist schon auch klar, dass man nicht unbedingt begeistert ist, festzustellen, dass man zu einer Minderheit gehört, die Diskriminierungserfahrungen macht. Aber deswegen sein Leben lang so zu tun, als sei man hetero, das haben viele Männer jahrhundertelang erfolglos probiert. Es funktioniert nicht. Und es macht krank.

Love yourself!

Das Allerwichtigste am inneren Coming-out ist, die Sprüche der homofeindlichen Idioten nicht zu glauben und in sich hineinzufressen, sondern zu kapieren, dass man superliebenswert ist. So wie man ist. Und für sich sagen kann, jo, dann ist das jetzt wohl so. Bin ich schwul oder bi oder pan, je nachdem. Jedenfalls liebe ich mich, und mal schauen, was es da noch für andere superliebenswerte Typen gibt. Wer das für sich kann und außerdem weiß, dass es entweder direkt vor der Haustür oder ein paar Handy-Klicks entfernt eine Community gibt, die so hilfreich und kraftvoll und vielfältig ist, dass sie einen auch über schwierige Zeiten trägt, der kann anfangen über ein äußeres Coming-out nachzudenken.

Als Erstes vielleicht am besten mit der Person sprechen, zu der man am meisten vertrauen hat. Oft hat diese Person sowieso schon was gespürt, was nicht immer heißt, dass sie es richtig einordnen kann. Und es tut wahnsinnig gut, schon mal von einem Menschen ein "Wow! Cool! Danke für dein Vertrauen" zu hören und entspannt und verstellt quatschen zu können. Gemeinsam lässt sich dann auch noch besser überlegen, wie es weitergeht und wie diese Person einen am besten unterstützen kann.

Aber dazu mehr beim nächsten Mal.

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