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Closet Monster

Coming-of-Age Drama

iBoys Magazin ©Pro-Fun
Erschreckend, zärtlich – Pubertät halt. Umso komplizierter, wenn man sie als Schwuler in einem Kaff mit einem homophoben Vater durchlebt wie der Held in "Closet Monster".

Der Hamster weiß Rat. Und wenn nicht, spendet er Trost. Den hat Oscar dringend nötig. Seine Eltern haben sich getrennt, und auch sonst läuft einiges schief im Leben des aufgeweckten, schlauen und fantasievollen Jungen, der sich abends vor dem Einschlafen vom Vater seine Träume erzählen lässt. Buffy, der Hamster, kann sprechen, in der englischen Originalversion sogar mit der Stimme von Isabella Rossellini. Und allein das zeigt, dass Closet Monster, das Regiedebüt des jungen Kanadiers Stephen Dunn, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, keine gewöhnliche Coming-of-Age-Geschichte ist. Dunn montiert Erinnerungsfetzen, Traumbilder und surreale Sequenzen geschickt ineinander und erzeugt auf diese Weise einen großen Assoziationsraum, in dem die Leitmotive Halt geben, wenn auch keine Sicherheit.

Als die Eltern sich trennen, ist Oscar (Jack Fulton) etwa acht Jahre alt. Oscar bleibt beim Vater (Aaron Abrams), einem etwas verschrobenen Bastler und Sammler, während die Mutter (Joanne Kelly) eine neue Familie gründet. Der erste traumatische Einschnitt in Oscars Leben. Wir sind in Neufundland, im kalten, grauen Nordosten Kanadas; in einer Kleinstadt, in der Normabweichungen ungern gesehen werden. Das ist das zweite traumatische Erlebnis: Auf dem Friedhof beobachtet Oscar zufällig, wie mehrere junge Männer einen anderen Jungen brutal zusammenschlagen. Eisenstangen sind im Spiel (ein wichtiges Motiv, das sich durch den gesamten Film ziehen wird), Schläge, Tritte. Als am Abend im Fernsehen davon berichtet wird, sagt der Vater achselzuckend, dass das ja nur ein Schwuler gewesen sei. Dann schaut er seinen Sohn an und rät ihm dringend, sich die Haare schneiden zu lassen. Schnitt, im wahrsten Sinne des Wortes.

Oscar (nun gespielt von Connor Jessup) ist ein hübscher, scheuer Teenager geworden. Erstaunlicherweise, aber was zählt hier schon biologische Plausibilität, lebt Buffy noch immer, und Oscar braucht seinen Hamster nach wie vor dringend als Gesprächspartner. Stephen Dunn und Kameramann Bobby Shore fangen den Zustand des Heranwachsens, die Augenblicke der Unsicherheit, die Versuche der Selbstvergewisserung, die Momente abgrundtiefer Einsamkeit, die Phasen des Sichausprobierens in überraschenden Einstellungen und mithilfe origineller Einfälle ein. Pubertät, Erwachsenwerden und erwachende Sexualität geraten in Closet Monster zu einem skurrilen Horrorszenario, in dem sich erschreckende und komische Szenen ablösen.

Seiner Schulfreundin Gemma (Sofia Banzhaf) verpasst Oscar originelle Masken und Makeups. Das ist sein Ausblick auf einen Ausweg aus den engen Verhältnissen: eine Maskenbildnerschule, irgendwo, weit weg, jedenfalls nicht hier. Einmal, beinahe aus Versehen, küssen sich die beiden, und es wird sofort beiden klar: Das ist es nicht. Das ist falsch. Da kommt Wilder (Aliocha Schneider) ins Spiel, der mit Oscar im Baumarkt jobbt und dauerbekifft ist. Guter Typ, ein bisschen verwegen, ein bisschen abenteuerlich. Smart. Ganz dezent ist diese Zuneigung, von der man nicht genau weiß, ob sie gegenseitig ist, in Szene gesetzt. Bei aller Drastik der blutig überhöhten Schreckensbilder, aus denen Dunn Oscars Jugend zusammensetzt, ist Closet Monster in den entscheidenden Augenblicken auf der emotionalen Ebene ein erstaunlich zarter Film, der allerdings stets mit dem harten Puls von Leidenserfahrungen und unterdrückten Sehnsüchten unterlegt ist.






Closet Monster nimmt seine Figuren ernst. Das Erwachsenwerden ist schließlich auch keine Kleinigkeit, ein schwules Coming-out in einer Kleinstadt und mit einem homophoben Vater erst recht nicht. Ob es daraus tatsächlich so etwas gibt wie einen Ausweg? Gegen Ende, so viel darf verraten werden, kommt es zumindest zu einem Knall. Und zu einem tatsächlich ungemein schönen, geradezu rührenden Schlussbild, in dem, analog zur Gedankenwelt des Protagonisten, das aufreibende Kaleidoskop an schrägen Einfällen zur Ruhe kommt. Der Schrank, aus dem das closet monster herauskommt, um sein Unwesen zu treiben, ist auch hier wie stets der eigene Kopf. Wenn die Monster schweigen, schweigt auch der Hamster. Adieu, Buffy.

Trailer

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