Der Preis einer Freundschaft

schwule Geschichte

Jan lag im Bett und beobachtete Mark, seine schmale Gestalt unter der Decke, das entspannte Gesicht, in dem sich jetzt die weicheren Züge des einstigen Kindes erahnen ließen, die spitze Nase, die zerzausten schwarzen Haare, die zarten, langen Finger, die auf dem Kissen lagen.
"Ah, mein Großer! Ich könnte dir so viel geben. Ich möchte dir so viel geben. Du hast es mehr als alle anderen verdient und du bist es auch wert" - dachte er. "Nur ein Wort von dir, nur ein Wort ... aber es sollte wohl nicht sein." Jan seufzte und fragte sich, ob Mark wohl wusste, welchen Preis er für ihre Freundschaft bezahlt hatte und noch bezahlen wird. "Ich weiß es auch nicht genau", dachte er, "aber er ist sehr hoch. Werde ich ihn zahlen können? Werde ich es aushalten ihn zu bezahlen oder gehe ich dabei darauf?"

Die Zeile "Life is a piece of shit, if you look at it" aus "Das Lebens des Brian" kam Jan in den Sinn. Er drehte sich auf den Rücken und starrte die Decke an. Er dachte zurück und versuchte sich in Erinnerung zu rufen, wie alles angefangen hatte, und während er darüber grübelte, fielen ihm langsam die Augen zu.

Jan war schon am Nachmittag aufgeregt, obwohl das Treffen erst am Abend stattfand. "Wie werden wohl die anderen sein", fragte er sich, während er seine Klamotten für den Abend zusammensuchte. Er kannte sie schon alle, so wie die anderen ihn ja auch kannten, aber an diesem Abend sollte es doch anders sein. Denn diesmal war es nicht im Net, wo es nur ein FlyingDragon oder ein Serpent gab, diesmal war es ein Life-Teffen.

Jan zockte und chattete gerne, und nach und nach bildete sich so ein Kreis von "Bekannten", mit denen er entweder im Netz spielte oder chattete. Eines Tages warf jemand die Idee auf, dass man sich auch mal "life" treffen sollte, und so wurde das Ereignis dann für diesen Abend geplant.

Zu Jans Glück oder Pech lag das ausgesuchte Lokal nicht weit von seiner Wohnung entfernt, und so musste er sich nicht beeilen, was aber angesichts der Tatsache, dass die Zeit nicht vergehen wollte, nur seine Nervosität steigerte. Dann wurde es endlich Zeit, und er machte sich auf dem Weg.

"Es gibt hier so ein Treffen ...?", fragte Jan etwas unsicher an der Garderobe, als er im Lokal ankam. Die Frau hinter dem Pult lächelte und zeigte auf die Treppe: "Ja, sie sind im ersten Stock". Oben angekommen sah Jan schon einige Leute herumgehen oder sich mit anderen unterhalten. Gleich am Ende der Treppe und vor der Tür eines großen Raumes stand ein kleiner Tisch, auf dem jemand selbstklebende Etikette und mehrere Filzstifte hingelegt hatte. Jan nahm sich einen davon und kritzelte auf ein Etikett "FlyingDragon" und klebte dieses dann auf sein Hemd.

Schon kam jemand auf ihn zu und schaute ihn, genauer gesagt, sein Namensschild, an. Dann lächelte der Fremde und sagte: "Hi Fly". Jan schaute zuerst auch auf den kleinen weißen Fleck auf dem T-Shirt des Fremden. Dort stand: "Leech". Jan hob seinen Blick und lächelte nun auch: "Hi Lee!".

So verging der erste Teil des Abends, erst mit hingucken und dann erkennen. Es wurde viel gelacht und diskutiert. Es wurden Geschichten, Pech und Pannen aus dem Spiel erzählt und echte Namen wurden ausgetauscht, Hoffnungen bestätigt, aber manche davon auch enttäuscht.

Auch "Serpent", mit bürgerlichem Namen Mark, war gekommen. Jan freute sich, denn mit Mark hatte er sich am meisten im Spiel und im Chat unterhalten, und er war neugierig auf ihn.
Mark war das genaue Gegenteil von Jan. Während dieser mit seiner fast 190cm großen Figur hochgewachsen und eher athletisch war, hellbraune Haare und dunkelbraune Augen besaß, war Mark mit seinem knapp über 170cm klein, hatte eine schmale Figur, die schon fast zerbrechlich wirkte. Er trug seine schwarzen Haare auf 3mm zurückgeschnitten und hatte kohlenschwarze Augen.

Die beiden unterhielten sich gut wie immer, viel miteinander und auch mit anderen, bis "Morgaine" - Nicol - auftauchte. Nicol war Marks Flamme. Er schwärmte Jan viel von ihr im Chat vor und es schien, dass die beiden sich wirklich gut verstünden. Er erzählte Jan auch, dass er sich vom Treffen viel erhoffte, denn dies wäre das erste Mal, dass er und Nicol sich real träfen.

Jan ließ Mark mit Nicol alleine und ging zu den anderen, denn es gab noch vieles zu entdecken und zu besprechen. Der Abend zog sich dahin und Jan merkte, dass er Mark schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen hat. Er fragte einige der anderen, aber es schien, dass niemand wusste wo Mark steckte, bis jemand sagte, dass er glaube Mark sei weg gegangen. Jan war etwas enttäuscht, dass Mark sich nicht von ihm verabschiedet hatte, aber ändern konnte er das ja nicht, und so unterhielt er sich weiter mit den anderen.

Dann kam jemand und sagte, dass Mark draußen vor dem Lokal auf der Treppe sitze und ziemlich betrunken sei. Als Jan ein wenig herumfragte, stellte sich heraus, dass Nicol Mark wohl "abserviert" hatte, denn sie sagte ihm, dass sie mit jemand anderem zusammengekommen sei, worauf Mark zu schnell und zu viel in sich reingekippt hatte.

Bei der Frage, was man nun mit Mark machen sollte, denn so auf der Treppe könnte er nicht bleiben, sagte Jan, dass er schon etwas müde sei, und weil er eh nur um die Ecke wohne, nehme er Mark gleich mit sich nach Hause.

Jan fiel es mit seiner Statur nicht schwer, dem leichteren Mark unter die Arme zu greifen und ihn so, halb hochgeschultert, zu sich in die Wohnung zu tragen. Kaum dort angekommen übergab sich Mark gleich im Vorzimmer, worauf ihn Jan ins Bad trug und auf der Toilette absetzte. "Prost und Malzeit! Was für eine Schweinerei!", dachte Jan zornig und auch mitleidig, während er das Vorzimmer sauber machte. Dann widmete er sich Mark, der mittlerweile schon halb eingeschlafen auf der Toilette saß, zog ihm seine schmutzigen Kleider aus, wusch ihm mit einem Handtuch das Gesicht und brachte ihn dann schließlich ins Bett.

"Hoffentlich kotzt er mir jetzt nicht auch noch das Bett voll", sinnierte Jan vor sich hin und ging ins Bad zurück, um Marks Sachen zu reinigen. Nachdem er damit fertig war und sich noch geduscht hatte, legte er sich auch ins Bett und beobachtete Mark eine Weile noch argwöhnisch. Aber seine Angst blieb unbegründet, denn Mark schlief schon selig, und so drehte er sich auch zur Seite, schlief letztlich auch ein, wobei er noch dachte, dass Mark eigentlich ein wirklich hübscher Junge wäre.

So begann eine lockere Freundschaft zwischen den beiden. Danach trafen sie sich öfters, mal mit den anderen aus der Gruppe, um zu kicken oder zu zweit, um ins Kino zu gehen. Es hatte sich zwischen den beiden auch eingebürgert, dass Jan den um einen Kopf kleineren Jungen mit "Hi Großer!" begrüßte und dieser ihm darauf mit "Na du, Kleiner!?" antwortete; wobei Jan sich ziemlich sicher war, dass Mark es mochte, wenn er ihn so begrüßte, denn bei anderen, die es ebenfalls versuchten, hatte dieser ziemlich schnell klargestellt, dass er Mark hieße und man ihn auch so nennen sollte. Mit der Zeit zerbröckelte die Gruppe, und so trafen sie sich nur noch zu Zweit. Als Mark dann umzog und in der neuen Wohnung kein Internet mehr hatte, verlor Jan ganz den Kontakt zu ihm. Der Abbruch tat ihm leid, denn in der Zwischenzeit hatte er Mark ziemlich gerne, aber über seine Gefühle ihm gegenüber war er noch unsicher, und obwohl Mark ihm fehlte, und er oft an ihn dachte, unternahm er nichts, um ihn zu finden.

Das wäre auch so geblieben, bis nach etwa einem halben Jahr eines Abends in Jans ICQ ein unbekannter Name mit einer Nachricht auftauchte. "Hallo Kleiner!", lautete die kurze Meldung. Jan antwortete mit plötzlich klopfendem Herz: "Hi Großer!". "Na du?", kam die nächste Nachricht mit einem großen Smiley dahinter. "Mark??? Bist du das wirklich!?!?", frage Jan zurück. "Wen hast du denn erwartet, Alter???", kam die Antwort umgehend, diesmal mit mehreren Smileys.

Mark, nachdem er sich wieder einen Internetzugang zulegen konnte, hatte Jan gefunden. Er erzählte Jan, dass er schon seit ein paar Wochen versuchte ihn zu erreichen, aber er wusste nicht mehr genau, unter welchem Namen Jan im ICQ angemeldet wäre, und so versuchte er es mit ähnlichen Namen, aber nur wenn diese auch online waren.

"Dein Mobil ging nicht", schrieb ihm Jan, denn er hatte am Anfang noch ein paar Mal versucht Mark unter seiner Nummer zu erreichen. "Ich habe es beim Umzug verloren und damit auch alle Nummern die ich hatte, also auch deine. Aber deine Nummer steht auch nicht im Telefonbuch?!", kam die nächste Nachricht mit Marks neuer Nummer zusammen. "Ja, ich bin vor vier Monaten auch umgezogen und habe das Festnetztelefon aufgegeben", antwortete Jan.

Die lockere Freundschaft zwischen den beiden blühte nun zu einer richtigen auf. Sie trafen sich viel öfter als zuvor, gingen entweder ins Kino oder saßen bei Jan oder bei Mark rum und diskutierten über Gott und die Welt, gingen Skaten oder Rad fahren. Sie entdeckten auch, dass sich die Unterschiede zwischen ihnen nicht nur auf das Äußerliche erstreckten.

Mark war eher ein Draufgänger, wobei Jan auffiel, dass dies nur die Oberfläche von ihm war, und dass er auch ernst und nachdenklich sein konnte. Mark war sehr intelligent, stellte Jan fest, aber seine zynische Haltung sich selbst und der Welt gegenüber gefiel ihm nicht, und er fragte sich, was den anderen Jungen so verbittert machen konnte. Er fand auch, dass Mark mehr aus sich machen sollte und das sagte er ihm auch gelegentlich, aber meistens erntete er dann nur zynische Bemerkungen, die Mark allerdings immer sich selbst gegenüber anbrachte.
Auch war Mark viel aufbrausender als Jan, er trug seine Launen wie Kleider mit sich und wechselte diese ebenso oft und schnell. Mal war er hoch begeistert, nur um am nächsten Tag in tiefer Niedergeschlagenheit aufzutauchen, mal war es genau umgekehrt. Ein dazwischen schien es für ihn nicht zu geben. Er erzählte Jan auch seine "Eroberungen" und wenn es gut lief, war er witzig, frech und aufgeweckt und der beste Kumpel und Freund. Aber wenn die "Liebe" nicht klappte, was nach einigen Wochen fast immer der Fall war, war er voller Selbsthass und es war schwierig an ihn ranzukommen. Nach einer Weile hatte Jan auch aufgehört, sich die Namen von seinen Freundinnen zu merken, denn bevor er sich den einen Namen merkte, war schon eine Neue mit einem neuen Namen da.

Es gab auch andere Sachen bei Mark, die Jan ein Rätsel aufgaben. Wenn die beiden herumalberten und ihre Kräfte bei einem Gerangel an dem anderen ausprobierten, wurde es ab und zu etwas wilder, und Jan merkte bei diesen Gelegenheiten, dass in Mark eine Veränderung vorging. Der kleinere Junge kämpfte dann plötzlich ernster, und Jan erkannte eine Verzweiflung in ihm, was ihn erst erschreckt und dann verdutzt hatte und obwohl er kräftiger war als dieser, ließ er nach und meinte: "Unentschieden", worauf Mark ihm meistens mit einem: "Ich habe dir ja gesagt, dass ich kräftiger bin, als ich aussehe und dass du mich nicht unterschätzen sollst" antwortete. "Ja, das hast du.", meinte dann Jan und kitzelte ihn durch, um ihn und sich selbst abzulenken. Trotz Allem mochte er Marks freche Art und die ungezwungenen Momente mit ihm sehr.

Mark seinerseits fand den paar Jahre älteren Jan irgendwie faszinierend. Er erschien ihm schon fast wie ein Fels in der Brandung. Er war ruhig, ausgeglichen, eigentlich immer fröhlich und optimistisch. Mark wusste, dass Jan im Leben nichts geschenkt wurde und für alles, was er erreicht hatte, hart arbeiten musste und auch wenn er sich selbst nur vage darüber im Klaren war, aber er bewunderte ihn dafür. Ihm war auch klar, dass er selbst ziemlich launisch sei, und umso mehr mochte er Jans ruhige Art und dass dieser ihm immer zuhörte, seine Lauen gelassen hinnahm und ihn immer wieder aufmuntern konnte. Er fand es angenehm, dass er mit Jan über alles reden konnte, und dass er ihm nicht nur seine Frauengschichten und seine Probleme erzählen, sonder ihn auch mit den verschiedensten Fragen löchern konnte, und dass der ältere Junge auch immer eine Antwort wusste. Als er einmal zu Jan sagte: "Du bist einer der klügsten Menschen, die ich kenne", lachte dieser herzlich und sagte zu ihm: "Du musst nur öfters in den Spiegel schauen, Großer". Er mochte auch, dass Jan ziemlich viele seiner verrückten Ideen mitmachte, und dass er mit ihm nicht nur reden, sondern auch viel herumalbern konnte.

Es gab nur eines, worüber sich Mark bei Jan Sorgen machte, und das waren Jans Augen. Er hatte stets das Gefühl, dass Jans weiche kastanienbraune Augen viel mehr in der Welt sahen und wahrnahmen, als dieser zugab. Wenn er Jan in die Augen schaute, hatte er das Gefühl, dass dieser ihn seinerseits nicht nur anschaute, sondern ihn wirklich sah. Zwei Mal hatte er erlebt, was diese Augen anrichten konnten. Einmal an sich selbst und einmal nach einem gemeinsamen Kinobesuch.

An dem Tag, als Mark die Macht diese Augen an sich selbst erfuhr, war er mit Jan verabredet. Es war ein Tag, an dem die ganze Welt einen nervt und so kam er ziemlich geladen und schlecht gelaunt bei Jan an. "Waahh, so ein Scheiß!", stieß er statt einer Begrüßung hervor und als er Jan fragenden Gesichtsausdruck sah, fügte er noch ein: "Frag mich nicht!" hinzu. Und Jan fragte nicht, was Mark noch mehr reizte und so schob er noch ein: "Fuck!" hinterher. Als Jan auch nach der dritten Wiederholung nichts sagte, platzte es aus Mark heraus: "Sag doch endlich was!". "Setzt dich mal hin", sagte Jan und grinste ihn dabei an. Mark war so überrascht, dass er sich wortlos in den Sessel setzte, der hinter ihm stand. Jan brachte ihm ein großes Glas Cola und setzte sich ihm gegenüber auf seinen Arbeitsstuhl. "Erzähl! Was ist los?", forderte ihn dann mit einem Lächeln auf. Mark, der sich von seiner Überraschung rasch erholte, antwortete nun trotzig: "Na was schon! Nix! Alles ist Scheiße!". "Alles? Das habe ich schon gehört, also erzähl mir bitte das, was nicht alles ist", sagte Jan. "Das Leben, die Welt, einfach alles ist beschissen! Einfach Scheiße!", trotzte Mark weiter.

Jan seufzte tief und sagte in einem ernsten Ton, den Mark bei ihm noch nie gehört hat: "Also gut, Mark, wie du willst. Das ist, glaube ich, eh schon fällig". "Was ist fällig?", warf Mark, nun aus dem Konzept seines Schmollens gebracht, etwas verunsichert dazwischen. "Mark, hör mir mal zu und sieh mich an, bitte!" sagte Jan darauf. Und da waren sie, diese Augen. Mark würde diese Augen nie vergessen. Diese Augen, in denen er Freundschaft, echte Zuneigung, Verständnis, aber auch Mitleid und Hilfe sah. Diese weichen braunen Augen beobachteten ihn nun mit voller Intensität, sahen ihn an und er wusste plötzlich, dass sie ihn wie Röntgenstrahlen durchleuchteten, dass er nicht mehr flüchten konnte, dass er nichts mehr verstecken konnte. Diese Augen sahen ihn, und nahmen ihn wahr, so wie er und was er war.

"Ich sage dir was dein Problem ist!", sagte Jan. Und er sagte es, all die schlechten Eigenschaften, all die Fehler und Launen, die sich Mark nie eingestehen wollte. All das sagte Jan zu ihm. Mark versuchte Widerstand zu leisten, er versuchte diese Wahrheiten von sich abzuschütteln, als gehörten sie ihm nicht, als beträfen sie jemand anderen, als erzählte Jan über einen Fremden etwas. Aber er konnte keinen Widerstand leisten, denn es gab nichts, wogegen er Widerstand hätte leisten können. Er sah nur Jans Augen, und das warme Leuchten in diesen Augen war wie ein freundliches Licht in einer kalten, dunklen Nacht. Er wollte zu diesem Licht, das ihm Sicherheit, Wärme und Erlösung versprach.

Aber Jan war noch nicht fertig: "Dein größtes Problem ist aber, dass du nicht weißt, wer du bist und was du wert bist", sagte er, und er zählte Mark nun all seine guten Eigenschaften auf, er sagte Mark, wie er ihn sähe und wie er ihre Freundschaft sähe und wie viel diese ihm bedeute. Er sagte Mark, was er wert sei, dass sein Leben es wert sei, dass er es auch lebe. Er erzählte Mark über sein eigenes Leben und zeigte ihm, dass das Leben trotz aller Widrigkeiten etwas Besonderes, etwas Großes sei, das man aber auch genießen könne und solle. Seine Worte waren wie Balsam für Marks verwundete Seele, und als er in Jans Augen die Wärme und den Rückhalt fand, die er jetzt brauchte, hielten sich auch seine Tränen nicht mehr zurück.

Mit den Tränen fand Mark auch seine Sprache wieder und er fing zu reden an. Er redete sich vieles von der Seele, und Jan hörte ihm aufmerksam zu. Die Zeit verging, und es wurde für Mark ein Abend, an den er sich noch lange erinnerte. Aber er erzählte Jan nicht alles, und er wusste, dass Jan dies nicht entgangen war, aber er war ihm dafür ehrlich dankbar, dass er nicht weiter nachgebohrt hatte.

Das zweite Mal, als Mark mit Jans Augen konfrontiert wurde, geschah das nach einem gemeinsamen Kinoabend, und Mark war froh, dass er an diesem Abend nicht das Ziel dieser Augen war. Die beiden waren auf dem Weg vom Kino zu Jans Wohnung, als Jan noch vor einem Schaufenster stehen blieb, während Mark vorausging und in die kleine Seitengasse, in der das Haus, in dem Jan wohnte lag, einbog. Nach paar Schritten wurde Mark von zwei ihm entgegenkommenden Jungs angesprochen, besser gesagt, eher angemacht. Nach einem kleinen Wortwechsel, bei dem Mark sich keine große Mühe gab, einem Konflikt aus dem Weg zu gehen, und das die Absichten der beiden Jungs klarstellte, bereitete sich Mark innerlich schon auf eine recht unerfreuliche Begegnung vor.

Aber anstatt auf ihn zuzukommen, wie er es erwartete, traten die zwei anderen Jungs plötzlich zurück und schauten auf etwas hinter Mark. Bevor Mark sich umdrehen konnte, um selbst nachzusehen, hörte er schon eine Stimme hinter sich: "Gibt's hier ein Problem?".
Es war Jans Stimme, aber nicht so, wie Mark sie kannte. Diese Stimme verursachte ihm eine Gänsehaut, denn sie war schneidend und kalt. "Geradezu eiskalt", dachte Mark und als er sich zu Jan umdrehte und dessen Blick ihn kurz traf, bevor er wieder auf die anderen Jungs gerichtet wurde, zog Mark scharf die Luft ein und trat fast - wie die beiden anderen - einen Schritt zurück, denn alle seine Instinkte schrien ihm bei diesem Blick "Gefahr!" zu.

Jans Gesicht war hart und hatte was Unnachgiebiges an sich und Mark hätte später schwören können, dass in Jans Augen in diesem Moment ein Sturm aufzog, in dem tatsächlich Blitze zuckten und kalte Flammen loderten. Als Jan seine Frage wiederholte, während sein Blick auf den anderen Jungs ruhte, hörte und fühlte Mark die deutliche Warnung in der Frage. Dies war nicht der freundliche, gutmütige Jan, den er kannte. Dies war der Jan, der mit beiden Beinen fest im Leben stand und der es gewohnt war, sich seinen Problemen zu stellen und sie aus der Welt zu schaffen. In den Augen dieses Jans lag eine kalte Endgültigkeit, die keinen Gedanken an Widerspruch aufkommen ließ und die nur eines sagte: "Versuche es gar nicht!"

"Hei, Hei! Wir haben nur gequatscht!", hörte Mark hinter sich und als er sich erneut umdrehte, sah er einen der Jungs seine Hände beschwichtigend hochheben. Jan sagte nichts, aber sein Blick genügte und die zwei Jungs zogen weiter, wobei sie die Straßenseite wechselten. Nach einem Moment der Stille kam ein: "Uhhhh, hast du mich erschreckt!" von Mark, aber als er von Jan nur ein: "Tue so was nicht!" als Antwort bekam, war er klug genug nicht nachzufragen, was dieser damit genau meinte, denn diesen Jan wollte er nicht reizen. Mark wusste nicht was Jan durch den Kopf ging, aber er ertappe ihn an diesem Abend immer wieder, wie dieser ihn ansah und wenn er merkte, dass diese Beobachtung bemerkt wurde, schnell zur Seite schaute. Mark sagte zwar nichts, aber er wäre nicht er selbst gewesen, wenn er Jans Grenzen nicht immer wieder aufs Neue erprobt hätte.

Es war an einem Septembertag - und Jan fragte sich später öfters, was Mark wohl an diesem Abend geritten hat - als er spät am Abend ein SMS von Mark mit dem Text: "Mir geht es wirklich nicht gut", bekam. Es war schon spät und Jan fühlte sich auch recht müde und hatte keine große Lust auf eine der üblichen Unterhaltungen mit Mark, wenn dieser in seiner schlechten Stimmung war und so schrieb er, anstatt anzurufen, nur kurz zurück: "Was ist los?".

Mark antwortete mit "ich weiß auch nicht, mir geht's einfach nicht gut ich fühle mich beschissen" und so frage Jan noch mal nach "Hast du was? Bist du krank?". Die nächste Antwort von Mark sagte ihm schon einiges mehr: "Nee, bin nicht. Mir geht's nur ur nicht gut, ich bin so alleine." "Pfff... zumindest damit bist du nicht allein", dachte sich Jan und schrieb das auch gleich als Antwort.
Das nächste SMS kam und als Jan die wenigen Worte las, riss er vor Überraschung die Augen auf: "Ich vermisse dich". "Was war das jetzt?!?" fragte er sich, während ein komisches Gefühl sich in seinem Magen breitmachte. Aber er war müde und weil er jetzt nicht darauf genauer eingehen wollte, schrieb er seinen Vorschlag zurück: "Wir können uns ja morgen mal treffen" und setze ein Smiley hinten noch dran.
"Das ist es nicht, es ist ... ich weiß auch nicht, du fehlst mir einfach", kam von Mark und nun wurde Jan langsam wirklich mulmig im Magen. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen und schrieb an Mark: "du weißt, dass ich gerne mit dir zusammen bin und dass ich dich mag, also was ist los, Mark?"
Marks Antwort kam diesmal erst nach ein paar Minuten und Jan wurde während des Wartens immer nervöser. Dann piepste es und auf dem Display von Jans Mobil stand: "Neue Nachricht von Mark. Jetzt lesen?".
Jan starrte die Meldung einige Sekunden an, dann drückte er auf die Yes-Taste und las, was Mark ihm geschrieben hatte: "das weiß ich und ich mag dich auch ... ich weiß auch nicht, es ist nur so, es ist noch was anderes bei dir da, irgendwie mehr ... ich weiß es auch nicht. Ah fuck ... was weiß ich!" Jan merke wie seine Hände zu zittern anfingen als er von der Nachricht zu den Optionen wechselte und auf "Anrufen" drücke.

"Na du?", meldete sich Mark.
"Was meinst du damit, Mark?", fragte Jan direkt.
"Was meine ich womit?"
"Mark, lass das! Du weißt, was ich meine. Wollen wir reden?"
"Hm, ich weiß nicht, ich bin nur so allein und ich hasse das. Und du hast mir halt jetzt gefehlt."
"Du bist nicht allein, Mark, du weißt, dass ich für dich da bin wenn du mich brauchst, und ich mag es sehr wenn wir zusammen sind und du ..."
"Was und du?"
"Na ja ... du fehlst mir auch, ich mag dich halt ...", sage Jan leise.
"Aber?"
"Kein aber Mark, ich mag dich ... sehr sogar."
"Und?"
"Du bist nicht allein, ich bin für dich wirklich da, wenn du mich brauchst, das weißt du doch?!", kam vom Jan.
"Das war aber nicht, was du sagen wolltest!"
"Mark, was soll das? Lass deine Spielchen! Ich mag es nicht."
"Ich spiele doch immer, das weißt du doch! Und nun?"
"Dann lasse das jetzt, ich mag das Spiel nicht!"
"Und wenn es kein Spiel ist?"
"Mark, was willst du von mir hören?", frage Jan gequält.
"Was du mir sagen willst?"
"Mark ich weiß es nicht ... ich weiß es echt nicht ... wenn du jetzt spielst, bin ich am Ende der Verlierer, der mit heruntergelassenen Hosen da steht ..."
"Und?"
"Und du kannst dir denken was ich sagen würde."
"Nein, kann ich nicht. Sag es einfach!"
"Ich ... ich ... ich kann es nicht Mark, ich ... mir zittern die Hände" sagte Jan, der jetzt Mühe hatte das Telefon festzuhalten. "Ich ... ich weiß es nicht, ich will nicht mit heruntergelassen Hosen da stehen. Außerdem du hast angefangen!"
"Und? Vielleicht stehe ich am Ende mit heruntergelassenen Hosen da. Sage es einfach."
"Was soll ich sagen Mark? Du hast angefangen, sag du es!"
"Dann habe ich angefangen! Und? Du willst was sagen, also sage es!"
"Mark, wir reden um den heißen Brei herum!"
"Du! redest um den heißen Brei herum"
"Oh Mark" - sagte Jan mit versagender Stimme - "... ich sitze da und zittere am ganzen Körper, mein Magen ist total verkrampft und das Herz schlägt mir im Hals ... was willst du hören Mark?"
"Ist schon gut, du kannst es mir sagen", kam von Mark zurück.
Jan, dessen Nerven nun ganz blank lagen, seufzte tief und ergab sich seinem Schicksal:
"Mark, ich habe dir schon gesagt, dass ich dich echt gern habe ..."
"Und weiter?"
"... und du hattest recht es ist etwas mehr ... es ist so, dass ich ... dass ich ... dass ich dich mehr als nur sehr mag ..."
"Wie mehr?" - Mark konnte wirklich nervtötend sein.
"uhh ... viel mehr ... ich ... ich habe mich in dich verguckt Mark ..." Jan konnte kaum noch sprechen, seine Zähne klapperten so sehr, als ob er am Erfrieren wäre "... und ich bin schwul Mark ... und ich liebe dich!"
"..."
"Mark? Bist du noch dran?"
"Ja, bin ich."
"Sag was bitte!!!", flehte Jan ihn an.
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll."
Jan war verzweifelt. "Mark!?!? Das ist wirklich unfair von dir! Ich habe mich gerade total bloßgestellt, und nun stehe ich echt mit heruntergelassen Hosen da und du sagt nichts!? Mark, das ist nicht fair! So wollte ich nicht ... das wollte ich nicht, nicht das! Mark ....bitte, bitte sag doch was!"
"Ich wollte das nicht ... ich weiß ehrlich nicht was ich sagen soll. Ich muss das auch erstmal verdauen."
"Aber ... aber du hast doch gewusst, was ich sagen würde ... du hast es gewusst ... du hast es herausgefordert, dass ich es sage ... du wusstest es!"
"... Ja ... und nein. Ich dachte schon, dass du schwul bist, aber den Rest wusste ich nicht."
"Wirst du mich jetzt hassen?", fragte Jan ängstlich.
"Nein! Garantiert nicht, ich mag dich ja."
"Magst du mich wirklich?"
"Ja das schon, aber ich muss erstmal verdauen, was du mir sagtest, ich muss das auch erstmal kapieren."

Nach einer Weile, in der die beiden noch geredet hatten, endete das Gespräch und Jan saß noch lange in seinem Sessel, konnte aber keine klaren Gedanken mehr fassen. Als er endlich ins Bett ging, konnte er nicht einschlafen, und so wälzte er sich hin und her, bis er in einen unruhigen Schlaf fiel, aus dem er dann immer wieder durch Albträume aufschreckte.

Dass sich zwischen ihnen beiden etwas geändert hat, wusste und merkte sowohl Jan als auch Mark. Das Thema kreiste über ihren Köpfen und wenn es nicht Mark war, der es ins Gespräch brachte, war es Jan, der damit anfing. Obwohl Mark sich nicht darüber geäußert hatte, wie er zu Jan und zu dessen Gefühlen für ihn stand, brachte die Sache auch einige interessante Entwicklungen in das Leben der beiden. So nach einem gemeinsamen Diskobesuch.

Als die beiden in Jans Wohnung ankamen, noch vom Tanzen und vom Alkohol aufgedreht, fragte Mark Jan, ob er noch was zum Trinken hätte, worauf ihm dieser verschiedene Möglichkeiten aufzählte. Mark wollte einen Caipirinha und Jan machte sowohl ihm als auch für sich einen. Sie saßen beim Esstisch und plauderten, als Mark sagte, dass ihm heiß wäre. "Dann zieh dich doch aus", sagte Jan, worauf Mark, der nur im T-Shirt und Hose da saß, keck erwiderte: "Dann wäre ich nackig. Das hätt'st wohl gern, gell?". "Nee, du wärst in Unterhose", grinste Jan und meinte dazu: "Du würdest dich eh nicht trauen alles auszuziehen." "Ist mir doch wurst, ich habe damit kein Problem, mich auszuziehen!" sagte Mark. Jan lachte: "Dann tue es doch! Du wirst es eh nicht machen." Mark stand auf und drehte sich paar Mal um, dann sagte er: "Ich kann nicht wenn du zusiehst!" Jan verschluckte sich fast vor Lachen: "Ich habe doch gesagt, du wirst es nicht machen!". "Nicht wenn du zusiehst!", antwortete Mark. "Gut, ich verschwinde kurz im Bad", sagte Jan und stand auf. Als er nach kurzer Zeit zurückkehrte saß Mark in seinem Boxershort am Tisch und nippte an seinem Caipirinha. Jan lächelte spöttisch: "Du bist noch immer in Unterhose, ich habe es doch gesagt." "Du bist auch voll angezogen!", kam es von Mark, der nun aufstand. "Mir war auch nicht heiß", sagte Jan. "Und was ist? Traust du dich, oder nicht?", fragte er Mark, der auf ihn zukam. "Du traust dich auch nicht", erwiderte dieser, woraufhin Jan nur lachte und meinte: "Um mich ging es ja auch nicht! Lenke also nicht ab!"
Jetzt war Mark bei ihm angekommen und stand vor ihm. "Na wenn dir nicht heiß war, ist dir vielleicht kalt?", fragte er und seine Hände machten sich am Gürtel vom Jan zu schaffen.
Jan, der für eine Sekunde wie erstarrt da stand, grinste breit und sage: "Vielleicht ist mir kalt. Willst du mich wärmen?" "Vielleicht will ich das.", kam es vom Mark, der sich streckte und nun einen Kuss auf Jans Lippen drücke, während er dessen Gürtel öffnete und ihm die Hose aufknöpfte. Jan legte seine Hände um Marks Taille und erwiderte seinen Kuss, worauf ihn dieser mit den Worten: "Na komm schon!" sanft Richtung Bett drücke, wo die beiden dann wenige Sekunden später - ganz ohne ihre Kleider - auch landeten.

Aber solche Begebenheiten blieben sehr selten und passierten nur, wenn beide etwas angetrunken waren, und es ging dabei auch nie über gegenseitiges Streicheln, Küssen und weitere kleine Spiele hinaus.
Jan wusste noch immer nicht, was Mark von ihm hielt, und er drängte ihn auch nicht zu einer konkreten Aussage, da er Angst hatte, dass ihm Mark - sich in die Ecke gedrängt fühlend - eine endgültige Abfuhr erteilte.
So war er sehr überrascht, als Mark ihn eines Tages mit der Nachricht anrief, dass er von seiner Mutter eine Reise zum Geburtstag geschenkt bekommen hätte und dass er ihn fragen wollte, ob er Lust hätte mitzufahren. Seine Begründung, er hätte ein Doppelzimmer und wenn sie zu zweit wären, wäre das für beide günstiger, klang durchaus logisch, aber Jan machte sich trotzdem Gedanken und auch Hoffnungen, als er zusagte.

Die Zeit und damit der Sommer verging, und an einem Sonntag Anfang September befand sich Jan plötzlich am Flughafen und wartete auf Mark, der zum verabredeten Zeitpunkt auch erschien. "Die Tickets sind hinterlegt. Wir müssen sie noch abholen.", sagte dann er und die beiden gingen zum Schalter der Fluggesellschaft, wo sie nach Überprüfung ihrer Daten die Tickets auch ausgehändigt bekamen.
"Nun, auf zum Meer, Sonne und Palmen! Tunesien, wir kommen!", sagte Jan, während er seinen Ticket einsteckte. "Sonnenbrand, ich komme!" grinste Mark zu ihm rüber und sie gingen, um ihr Gepäck abzugeben und einzuchecken.

Während sie im Terminal noch eine Cola tranken, studierte Jan seinen Ticket, und dann fing er plötzlich zu lachen an. "Was ist?", fragte Mark, aber Jan konnte ihm vor Lachen nicht antworten. Stattdessen steckte er ihm sein Ticket entgegen und dann den Reiseführer, den er damals gekauft hatte, als Mark ihm sagte, wohin die Reise gehen sollte. Mark schaute auf beides und sah Jan mit verständnislosen Augen an: "Ja, und? Was ist jetzt damit?", fragte er Jan, der - als er sich wieder einigermaßen eingekriegt hatte - ihm erst im Reiseführer auf der Karte von Tunesien ihr Reiseziel und dann den Titel des Reisführers zeigte.
Mark schaute erst verdutzt und dann fing er auch zu lachen an. "Warum hast du denn diesen gekauft?", fragte er lachend. "Weil du Hohlkopf mir gesagt hast, wir fliegen irgendwo in den Süden von Tunesien!", grinste ihn Jan an. Vorne am Deckblatt des Reiseführers stand mit großen Buchstaben "Djerba - Südtunesien" und am Flugticket ihr Reiseziel: Tunis.
"Na Hauptsache, ich weiß zumindest jetzt, wohin wir fliegen und nicht erst, wenn wir dort ankommen", meinte Jan immer noch breit grinsend. Dann wurde es auch schon Zeit für das Boarding und sie flogen bald Richtung Meer, Sonne und Palmen.

Als sie in Tunis ankamen, regnete es. Als sie im Hotel ankamen, stürmte es. Der Regen fiel nicht nur, er ergoss sich aus dem Himmel in großen und dicken Tropfen in unglaublichen Mengen, und bald hagelte es auch noch kirschgroße Eisklumpen. Gewaltige Blitze zucken von einem zum andern Ende des Himmels und Richtung Boden. Der Wind peitschte und bog die dicken Palmen fast bis zum Erde runter und drückte eines der großen Fenster in der Kuppel der Hotelhalle ein. Es regnete nun auch drinnen und dann fiel der Strom aus.
Jan und Mark bekamen zwar noch ihren Zimmerschlüssel, aber in den stockfinsteren Gängen hätten sie keine Chance, und so warteten sie mit den anderen in der Animationshalle des Hotels. Bald kamen Angestellte und zündeten Kerzen an und verteilten welche. Mark holte sich zwei davon, und so ging er mit Jan auf ihr Zimmer, wo sie nur das Gepäck abstellten und dann sich wieder zu den anderen Wartenden begaben.
Die Dunkelheit wurde immer wieder von den Blitzen, die den Himmel zu zerreißen drohten, erleuchtet und in diesem Licht konnten sie durch die Fenster der Halle den strömenden Regen und die sich im Wind wild bewegenden Bäume und Palmen beobachten.

Wie es in solchen Situationen oft passiert, rückten die Menschen enger zusammen und begannen sich miteinander zu unterhalten. Jan und Mark hatten sich zu einem jungen Pärchen gesellt und bald schlossen sich noch zwei Jungs etwa in ihrem Alter dieser Gruppe an. Mark, der in so was recht geschickt war, trieb bald zwei Flaschen Wein und einige Gläser und Plastikbecher auf. So warteten sie nun zu sechst auf das Ende des Gewitters, unterhielten sich, tranken den Wein und nahmen mit Galgenhumor den Beginn ihres Urlaubes zur Kenntnis.

Der Sturm verging nach etwa einer dreiviertel Stunde, der Strom blieb aber aus. Die Menschen nahmen sich die Kerzen und versuchten nun ihre Zimmer zu finden. Jan und Mark gingen auch, aber sie verabredeten sich mit den anderen für später.
Die beiden erreichten ihr Zimmer und saßen nun im Schein einer Kerze (die andere wollen sie noch aufheben, denn sie wussten nicht, wann es wieder Strom geben würde) und unterhielten sich leise, als es nach einer Weile plötzlich hell wurde. Der Strom war wieder da.

Jetzt konnten sie das Zimmer, das sie bekamen, genau betrachten. Es zeigte sich, dass Marks Mutter wirklich gute Verbindungen zum Reisebüro hatte. Sie bekamen nicht nur ein einfaches Doppelzimmer, sondern ein kleines Maisonette. Unten mit einem großen Doppelbett, einem in einer Nische eingelassenen Schreibtisch mit einem riesigen Spiegel an der Wand dahinter, einem Fernsehtisch (auf dem tatsächlich auch ein funktionierender Fernseher stand), zwei bequemen Sessel und einem Balkon mit Tisch und Stühlen. Im Vorraum gab es geräumige Wandschränke mit viel Platz und auch ein schönes Bad mit Wanne fehlte nicht. Zur zweiten Ebene führte eine Treppe mit schmiedeisernem Geländer und oben standen zwei Einzelbetten und noch mal zwei Wandschränke.

Jan wäre lieber unten geblieben im Doppelbett - und er hoffte, Mark würde das auch wollen - aber als Mark nach oben ging und es sich dort auf einem der Betten bequem machte und seine Sachen auszupacken begann, ging er auch nach oben und nahm sich das andere Bett.

Am nächsten Tag zeigten sich die Spuren, die der Sturm zurückgelassen hatte. Umgeknickte Pflanzen, Palmenblätter, Äste und Pfützen überall, aber der Himmel war wieder strahlend blau und die Sonne schien bereits um neun Uhr heiß herunter. Die nächsten Tage waren weiterhin schön und wolkenlos und auch wenn Jan seine aufkeimende Hoffnungen begrub, weil Mark ihn ständig damit nervte, was er für seine Freundin als Geschenk mitbringen soll, genossen die beiden diese Zeit miteinander und mit den anderen, die sie nun etwas besser kennen lernten. Jan und Mark machten auch einen Ausflug nach Tunis in den Bazar und beide hatten Spaß am geschäftigen Treiben und an dem Herumstöbern in den vielen kleinen Läden.

Donnerstagnachmittag, als die beiden vom Strand zurückkamen, bestand - wie auch sonst - das Programm erst aus Duschen, um das Salz vom Körper ab und aus den Haaren auszuwaschen. Mark ging als erster unter die Dusche und Jan, der sich ein Badetuch um die Hüfte gewickelt hatte, lag auf dem Bauch auf dem großen Doppelbett und las in einem Buch.
Als Mark aus der Dusche kam, hatte er sein Badetuch ebenfalls um die Hüfte gewickelt gehabt. Als Jan zu ihm rüberschaute, nahm er aber dieses ab, legte es auf einen der Sessel, reckte sich und sagte vergnügt: "Hmmm ... das war wirklich angenehm".
Jan lag wie versteinert da und konnte seine Augen nicht von Mark wenden. Er bestaunte seinen schlanken Körper, der jetzt leicht gebräunt wie Bronze in dem gedämpften Licht, das die dicken Vorhänge durchließen, glänzte. Er bewunderte atemlos jeden Muskel an seinen Armen und Beinen und wie sich seine Rippen unter die Haut abzeichneten. Sein Blick blieb an der weißen Haut, die durch die Badehose von der Sonne geschützt geblieben war, haften und wandere dann wieder nach oben.
Mark sagte nichts, ging aber zum Bett und legte sich auf den Rücken neben Jan auf die andere Betthälfte. Er streckte sich noch mal, dann verschränkte er seine Arme unter seinem Kopf und schloss die Augen.
Jan merkte, dass er bisher seinen Atem angehalten hatte und holte jetzt tief Luft. Sein Herz schlug schneller, sein Puls raste, in seinem Kopf herrschte das Chaos, seine Gedanken überschlugen sich wie wild und er konnte keinen einzigen Moment fassen um nachzudenken: "Was macht er? Verdammt, er will mich verführen!?! Meint er das jetzt ernst? Na wenn das keine Verführung ist, weiß ich auch nicht! Was soll ich machen? O bitte, lass es wahr sein! Schau mal das kleine Luder an! Was mache ich jetzt? Mark, was machst du mit mir? Er hat doch nichts getrunken! Was ist das jetzt? Was mache ich jetzt? Und wenn er das nicht will? Was will er überhaupt? Mark, hilf mir doch!"

Obwohl nur wenige Sekunden vergingen, kam es Jan so vor, als legten sie seit Stunden so nebeneinander. Langsam hob er seine Hand, streckte sie nach Mark aus und fuhr dann damit so leicht wie eine Feder, die Haut fast nicht berührend, über Mark Brust und Bauch. "Mark, schläfst du?", flüsterte er kaum hörbar. Ebenso leise kam Marks Antwort: "Nein". Jan setze die Bewegung seiner Hand über Marks Körper, diesen immer noch kaum berührend, fort und dann beugte er sich zu Mark hinüber und hauchte einen Kuss auf seine Rippen. Er fühlte, wie sein eigenes Herz pochte und wie mit jedem Herzschlag das Blut durch seine Adern raste. Seine Berührungen wurden langsam mutiger und nun berührte er Marks Haut mit seiner ganzen Handfläche und es gab deutliche Zeichen, dass diese Berührungen Mark auch nicht kalt gelassen haben. Jans Kopf wandere langsam von Marks Brust weiter nach unten.

Was an diesem Nachmittag hätte sein können, hat Jan nie erfahren. Denn auf einmal kam von Mark ein Wimmern: "Bitte nicht! Bitte tue mir nicht weh!". Er sprang regelrecht vom Bett auf, sah Jan mit weit aufgerissenen, in die ferne starrenden Augen an und rannte ins Bad. Jan blieb wie vom Blitz getroffen auf dem Bett sitzen und versuchte verzweifelt herauszufinden was da gerade geschah. "Ich habe doch nichts getan", dachte er vollkommen durcheinander, "es ging ja nicht mal soweit, wie es schon paar Mal ging.".
Er stand auf, war verwirrt und wusste nicht, was passiert war. Er zog sich schnell seine Badehose an und ging zum Badezimmer. Die Tür war nicht verschlossen. Mark stand unter der Dusche und weinte.
"Mark, was ist los? Habe ich dir was getan? Habe ich was Falsches gemacht? Mark, es tut mir leid! Ich wollte dir nicht wehtun! Mark bitte glaube mir! Es tut mir so leid! Mark was habe ich gemacht?!? Mark bitte weine nicht! Es tut mir leid! Ich wollte dir nicht wehtun! Mark, es tut mir leid!!" Die Worte purzelten nur so aus Jan heraus, er wusste und verstand nicht, was mit Mark los war und dachte nur, dass er ihn so verletzt hätte. Dass er irgendwas gemacht hätte, was Mark wehtat und ihn verletzte.

Mark stand noch eine Weile unter der Dusche, während Jan verzweifelt auf ihn einredete und ihn um Verzeihung bat. Dann drehte er das Wasser ab, nahm sich ein Handtuch vom Halter und begann sich damit abzutrocknen. "Lass mich allein", sagte er gedämpft zu Jan, der daraufhin das Bad verließ und die Tür hinter sich schloss. Er saß auf dem großen Doppelbett als Mark schließlich aus dem Bad kam. "Mark ..." begann er, aber dieser unterbrach ihn: "Lass mich doch verdammt noch mal allein!!!" Jan wich jegliche Farbe aus dem Gesicht und als Mark nach oben zu seinem Bett ging, verließ er das Zimmer und ging zum Strand runter. Dort saß er dann auch noch als es schon dunkel wurde und in seinem Kopf formte sich langsam ein entsetzlicher Gedanke, der ihn dann auch nicht mehr losließ: "Ich habe ihn missbraucht!?!".

Daran, dass dies nicht der Fall war, dachte er gar nicht. Er hatte noch Marks Wimmern beim Liebespiel in den Ohren, sah das Bild vor seinen Augen, wie er weinend unter der Dusche stand und hörte seine Worte, als er aus dem Bad kam.
"Ich habe ihn missbraucht! Oh Götter, ich habe ihn missbraucht!" Jan war verzweifelt, von sich selbst entsetzt und angewidert. "Bitte lass mich sterben und mach, dass das heute nicht passiert ist! Bitte lass mich sterben!", dachte er immer wieder.

Erst als der kalte Abendwind vom Meer ihn zum Zittern brachte, dachte Jan an eine Rückkehr ins Zimmer. "Wenn ich könnte, würde ich für immer verschwinden", dachte er, während er langsam, innerlich und äußerlich fröstelnd, den Weg zum gemeinsamen Zimmer antrat. "Das werde ich auch. Ja, ich werde aus Marks Leben verschwinden. Ich habe ihn missbraucht! Ich werde verschwinden!" Mit diesen Gedanken erreichte er das Zimmer schließlich, öffnete leise die Tür und ging, sich im Dunklen langsam vortastend, nach oben zu seinen Sachen. Er holte ein Hemd und eine Jeans aus dem Schrank und wollte wieder gehen, als er Marks leise Stimme hörte: "Wohin willst du?" "Weiß nicht", sagte er. "Es tut mir so leid Mark! Bitte, das musst du mir glauben!" fügte noch hinzu und damit wollte er wieder zur Treppe. "Warte! Bleib!", kam es von Mark. Jan setze sich auf sein Bett und blieb dort in sich zusammengesunken mit seinen Sachen in den Händen sitzen. Als Mark dann nach einer Weile noch immer nichts sagte, legte Jan die Kleider einfach auf dem Boden, kuschelte sich noch immer zitternd in seine Decke und legte sich hin. Ihm war elend zu Mute und langsam perlte ihm eine Träne übers Gesicht. Dann eine zweite, dann eine dritte und dann viele weitere. Jan weinte. Er, der schon lange nicht weinte, er, der seine Probleme immer in den Griff bekam und nie weinte, weinte jetzt fast lautlos in sein Kissen und wusste nicht mal genau warum.

"Weinst du?", kam die leise Frage von Mark. "Ja", flüsterte Jan zurück. "Komm bitte zu mir, ich brauche dich jetzt!", sagte Mark. Jan drehte sich im Bett um und stammelte Richtung Mark in die Dunkelheit: "Aber ... ich habe dich ... missbraucht!" "Nein, hast du nicht. Du warst das nicht", hörte er Marks leise Worte. So setze er sich auf, nahm seine Decke und stolperte über seine am Boden abgelegten Sachen zu Marks Bett hinüber. Dieser setze sich ebenfalls in seinem Bett auf, so dass Jan neben ihm Platz fand. Als Jan sich hinsetze, mit dem Rücken an die Wand gelehnt und die Füße auf dem Bett, lehnte sich Mark mit dem Rücken an seine Brust und zog seine Hände nach vorne und hielt sie dann dort vor seiner eigenen Brust fest. Es vergingen einige Minuten während die beiden so da lagen, bis Marks leise, immer wieder versagende Stimme ertönte:

"Du warst das nicht... du kannst auch nichts dafür. Es war ... es war als ich fünf oder so war und ich erinnere mich noch immer daran ... und manchmal kommt es hoch. Na ja, es ist zumindest schon so lange her was mein ... netter Freund damals machte, dass ich mich nicht mehr ans erste Mal erinnern kann ... wer weiß wie jung ich wirklich war."
"Wer war das?", fragte Jan mit erstickter Stimme.
" ... von meiner Mutter bester Freundin der Sohn ...", sagte Mark.
"Was hat er mit dir gemacht?", wollte Jan wissen.
"Alles ... er hat mich ... betatscht ... und dann noch mehr. ... er hat alles mit mir gemacht und ich ... ich sehe das immer wieder. Es kommt immer wieder hoch. Eine Zeit lang glaubte ich mir nur alles eingebildet zu haben, ... nur war ich ja nur einer von Dreien ... und ich hab denjenigen nochmals gefragt ... und ja, es kam die Bestätigung ... na ja, dann haben wir bisschen gequatscht und geheult und ja ..."
"Oh Götter! Hast du jemals das jemandem erzählt?"
"Ja."
"Wem?"
"Meiner Mutter"
"Und was hat sie gemacht?"
"Na ja ... als ich es meiner Mutter das erste Mal erzählte ... also erzählen gibt's nicht, das geht bei ihr nicht, weil sie dann nimmer zuhört wenn ich anfange ... da war was im Fernsehen, ... ein Film in dem ein Kind missbraucht wurde und ja ... ich meinte an einer Stelle: ?so ein Scheiß, das stimmt gar nicht' ... und meine Mutter meinte, dass ich das am wenigsten wissen könnte ... und ja ... dann habe ich es ihr erzählt ... und sie meinte, dass das schon viel zulange her wäre und ich mich nicht anscheißen ... und dass ich nicht so ein Scheiß reden sollte."

Jan wurde übel, und er musste würgen und konnte nur mit Mühe den Inhalt seines Magens behalten. Ihm kamen wieder die Tränen und diesmal wusste er, warum er weinte.
"Oh Gott! Mark! Das tut mir so leid! Ich wusste das nicht! Bitte verzeih mir!"
"Du kannst nichts dafür. Du warst es nicht." sagte Mark und Jan fühlte, wie Marks Körper in seinen Armen zitterte, und dass er weinte.
"Aber ich komme mir so schäbig und so mies vor, weil ich ... weil ich dich haben wollte."
"Ich wollte ... ich wollte das auch ... glaube ich ...", flüsterte Mark.
"Ich habe immer was getrunken, wenn wir was hatten" - und jetzt verstand Jan, was er sich schön öfters fragte, warum Mark bei ihren wenigen Gelegenheiten immer einiges trank - "weil mir sonst das Ganze hochkam und jetzt ... wollte ich es, ohne zu trinken. Aber dann kamen mir diese Bilder wieder hoch ... und ich fühlte wieder seine Hände an mir ... und dann ging es nicht. Deshalb bin ich weggerannt ... "
"Ich trank auch immer deshalb was wenn wir was hatten ... sonst ... sonst ging es nicht." wiederholte er dann noch mal wie eine Bestätigung oder eine Art Rechtfertigung.

"Es tut mir so leid, Mark, es tut mir so sehr leid." flüsterte Jan, der nur langsam die Tragweite von Marks Erzählung zu begreifen begann. Sie sprachen noch eine Weile und Jan rief sich ihr einstiges Gespräch in Erinnerung, in dem Mark ihm vieles, aber nicht alles erzählte. Jetzt wusste er, was Mark ihm damals verschwieg. Mark beruhigte sich langsam und als die Sonne am nächsten Morgen durch die Vorhänge schien, schliefen die beiden in derselben Position, wie sie am Abend auf Marks Bett eingeschlafen waren.

Der Tag verging in gedrückter Stimmung. Jan hatte, trotz allem was Mark erzählt hatte, noch immer starke Gewissensbisse und Mark war mit sich und mit seinen Erinnerungen beschäftigt. Erst Samstagnachmittag waren sie wieder so weit, dass sie mit den anderen gemeinsam Beachvolleyball spielen und ihre gemeinsamen Aktivitäten wieder aufnehmen konnten. Dann kam der Sonntag und nach einem kurzen Vormittag am Strand mussten sie schon ihre Sache packen. Der Urlaub war zu Ende.

Nach diesem Urlaub veränderte sich ihre Beziehung erneut. Es vergingen fast zwei Monate in denen sie sich weder gesprochen noch getroffen haben. Jan dachte in dieser Zeit viel nach und noch mehr an Mark, und er erkannte, dass er Mark liebte, wie er nie jemanden zuvor geliebt hatte. Mark seinerseits wusste selbst nicht genau, wo er stand und versuchte - wie immer - die quälenden Gedanken zu beiseite zu schieben und zu ignorieren. Dann fingen sie erneut miteinander zu reden an und sie trafen sich auch gelegentlich. Jan versuchte mit Mark über dessen Kindheitserinnerungen zu reden und ihn dazu zu bringen, dass er professionelle Hilfe suchte. Mark stimmte zwar darin mit ihm überein, dass er diese Hilfe brauchte, blockte aber jedes Mal Jans Bemühungen in dieser Richtung ab, so dass Jan nach einer Weile aufgab und ihn nicht mehr auf eine Therapie hin ansprach.

Die Gespräche und die Unterhaltungen zwischen den beiden wurden schwieriger. Die Unbeschwertheit, die sie bis dahin miteinander teilten und mit der sie miteinander umgegangen waren, war verschwunden und beide reagierten empfindlich auf die Äußerungen des anderen. Jan getrieben durch seine Liebe und seine Hoffnungen interpretierte Marks unklare Bemerkungen und Witze als positives Zeichen und Mark, der sich mehr und mehr in die Ecke gedrängt fühlte, überreagierte bei Jans Witzen und Andeutungen. Auch diesmal war es Mark, dem zuerst der Kragen platze und er drückte sein Unmut aus, als er Jan teils verärgert, teils verzweifelt einmal schrieb "Ahhhh es ist arg mit dir! Ich mag dich ja, aber in der letzen Zeit muss ich jedes Wort auf die Goldwaage legen! Ich pack das nicht! Ich will, dass es so wird wie es zwischen uns mal war!" Jan, erschrocken, dass er Marks Freundschaft verlieren könnte, versprach Besserung, aber nicht ohne dass er Mark auf die Überreaktionen seinerseits hinwies. Und in der Tat, langsam kehrte ihre Unbeschwertheit zurück, wenn auch nicht ganz in dem Maße wie früher. Sie trafen sich wieder öfter und gingen öfter miteinander weg.

Eines Abends, die beiden waren wieder einmal in Jans Wohnung, als sie miteinander am PC hockten und spielten, jammerte Mark nach einer Weile herum, dass ihm der Nacken und Rücken weh täte. "Setzt dich mal gerade auf", sagte Jan und stellte sich hinter Marks Stuhl.
Dieser folgte der Aufforderung und Jan fing an, Marks Nacken und Schulter zu massieren.
"Ahhh Mensch! Tut das gut!", seufzte dieser, als sich die Verspannung in seinen Muskeln unter Jans geschickten Hände langsam löste.
"Wenn du willst, kann ich dich ja massieren", bot ihm Jan an.
"So richtig?", fragte Mark.
"Ehhh ... ja, ganz normal, mit Massageöl. Was hast du gedacht?", antworte Jan etwas verwirrt, da er sich in der Tat nichts bei seinem Angebot dachte.
"OK", stimmte Mark zu.
"Dann leg dich mal aufs Sofa", sagte Jan und ging ins Bad, um das Öl zu holen.
"Uhhh du, Mark ...?", begann er als er zurückkam und Mark nur noch mit seinem Short bekleidet auf die Sofa lag.
"Was ist?", frage dieser.
"Ehmm ... na ja ... vielleicht solltest du dir den Short auch ausziehen, sonst wird er ölig.", sage Jan etwas verunsichert.
"Ist gut", antwortete Mark und zog auch seinen Short aus.
"Hier ein Handtuch!", sagte Jan und gab ihm das besagte Textil.
"Schon OK" - sagte Mark - "das brauche ich nicht!"
"Du vielleicht nicht, aber das Sofa unter dir bestimmt!", grinste ihn Jan daraufhin an.
"Ah so...", kam es von Mark, und er grinste dabei entschuldigend.
Jan verteilte etwas vom Öl an Marks Rücken und Schulter und an seinen eigenen Händen und begann Mark zu massieren. Schulter, Arme, Rücken und Beine kamen nacheinander dran. "Ohhh...!", seufzte Mark, dem diese Behandlung sehr behagte, "Wo hast du das denn soooo gut gelernt!?" "Ah, man schnappt mal hie und da was auf", spielte Jan sein Talent herunter. "Du weißt ja, dass ich ziemlich viel Sport treibe, da lernt man es dann auch wie man Muskelkrämpfe und solche Sachen wieder hinkriegt", fügte er dann doch noch als Erklärung hinzu. Nach einer Weile kam dann Jan in eine kleine Zwickmühle: "Uhhh ... Mark, du ... müsstest dich jetzt umdrehen", sagte er.
Mark drehte sich daraufhin einfach um und nun wand sich Jan innerlich erst recht. Seine Träume schienen wahr zu werden, Mark lag vor ihm und sein Körper wartete auf seine Berührungen. Ihm stockte der Atem als er Mark schon fast andächtig bewunderte. Aber sein Gemüht wurde durch die Tatsache gekühlt, dass es bei Mark keine Zeichen gab, dass er mehr wollte als die Massage. Jan riss sich zusammen und konzentrierte sich auf ebendiese, er lockerte die noch verspannten Muskeln, knetete sie durch und nach etwa fünfzehn Minuten ließ er einen entspannten und rund um zufriedenen Mark zurück, als er sich bei dessen Füßen auf der Sofa hinhockte und "So, fertig!" sagte.

Mark stützte sich auf seinen Ellenbogen und schaute zu Jan hinüber. "Du würdest mehr haben wollen, nicht wahr?", fragte er, und Jan - der noch in seinen Gedanken versunken war - antwortete mit einem unwillkürlichen: "Ja" um dann, als ihm bewusst wurde, was er gerade gesagt hatte, erschrocken: "Nein! Nein! Nein, das meinte ich nicht! Ich meinte das nicht so!" zu rufen. "Doch, meintest du.", sagte Mark.
Jan, dem jetzt alles zu viel wurde, wandte sich zu ihm: "Was willst du, Mark!?! Was willst du!?!" und Mark, der den deutlichen Schmerz in Jans Stimme hörte und seine ansonsten so klaren Augen von Tränen trübe werden sah, erkannte nun endlich, was er diesem bedeutete und wie sehr dieser ihn liebte.
"Ich will, dass wir Freunde sind." sagte er.
"Ist es wegen Tunesien?", frage Jan mit erstickter Stimme, die damaligen Ereignisse noch immer vor Augen habend.
"Nein, ist es nicht. Und hör endlich auf dir deshalb Vorwürfe zu machen! Du kannst nichts dafür, was passiert ist!"
Jan, der jetzt alle seine Hoffnungen schwinden und seine schlimmsten Ängste wahr werden sah, schwieg.
"Ich bin einfach nicht schwul.", sagte Mark.
"Vielleicht etwas bi, aber nicht schwul. Ich weiß, dass du mich liebst und ich weiß, es ist jetzt für dich echt beschissen, aber es geht nicht. Ich wünschte, es wäre anders. Ehrlich! Aber du bist ein Junge ... und ich stehe nun mal nicht auf Jungs. Es geht nicht. Ich mag dich wirklich, aber ich kann dir nicht geben, was du dir wünschst. Sorry! Wirklich! Ich weiß, ich hätte das schon viel früher sagen müssen, aber ich konnte es nicht. Ich war auch verwirrt, als du mir damals sagtest, dass du mich liebst. Ich musste das auch erstmal packen und damit fertig werden. Ich mag dich, und ich war damit überfordert. Es hat schon mit der Sache von damals zu tun, aber nicht mit dir! Ich meine, dass ich auch selber schuld bin, weil ich es irgendwie mit dir ... na ja ... ausprobieren wollte, ... aber ... ich weiß es selber nicht. Es war schon OK was wir miteinander hatten, aber ich weiß du möchtest mehr und das geht nicht. Da habe ich dann immer diese Bilder im Kopf und ich kann das nicht und irgendwie kann ich mir auch nicht so richtig vorstellen, dass ich mit einem Jungen zusammen bin. Ich meine so zusammenleben und so. Ich weiß, das ist irgendwie alles total unlogisch und so, aber ich kann es nicht anders erklären. Wenn ich so an Zusammensein denke, denke ich irgendwie immer an eine Frau. Wenn du eine Frau wärst, oder wenn ich so auf Jungs stehen würde, würde ich niemand anderen wollen als dich!!! Echt! Und es tut mir leid. Es tut mir leid, dass das Leben so beschissen ist! Es ist voll irre, du würdest mir all das geben, was ich mir wünsche und ich kann das nicht, und du willst mich und das geht auch nicht. Ich wollte dir nicht weh tun, aber ich wusste auch nicht, was ich machen sollte. Ich hasse das und es tut mir leid. Glaube mir, ich wünsche mir, es wäre anders. Aber es ist nicht anders und ich kann es nicht ändern. Ich mag dich und ich will, dass wir Freunde sind, mehr aber nicht."

Jan wusste, dass jetzt - nachdem Mark seine Entscheidung getroffen hatte - er an der Reihe war und dass er ebenfalls eine Entscheidung treffen musste. Er seufzte tief und dann war seine Entscheidung gefallen: "Ist gut Mark. Wir sind Freunde!". Dann überlegte er noch einen Moment und sagte leicht lächelnd: "... und danke fürs Kompliment!". Mark, der ihn gespannt beobachtete, grinste ihn an: "Ist aber wahr", dann stand er auf und mit den Worten: "Ich werde mir mal das Öl abwaschen!", verschwand er im Bad und Jan hörte bald darauf das Plätschern des Wassers aus der Dusche. Nach dem Mark fertig war, ging auch Jan duschen. Mark legte sich währenddessen ins Bett und schlief, entspannt von der Massage und der Dusche, fast sofort ein. Jan stand noch lange unter den warmen Wasserstrahlen und ließ sich alles noch mal durch den Kopf gehen. "Also gut Mark, ich werde dich nicht lieben, weil ich dich liebe", dachte er, und während sich seine Tränen mit dem Wasser vermischten musste er unwillkürlich über seine paradoxen Gedanken lächeln. Als er dann letztlich aus dem Bad kam, sah er, dass Mark schon eingeschlafen war. Er legte er sich ebenfalls hin und beobachtete ihn.
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Kommentare (1)
  • Irgendwie macht es mich traurig, wenn ich das lese.

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