Das Coming-Out zweier Schulkameraden

schwule Geschichte

Angefangen hat alles in der 8. Klasse, in der ich gemerkt habe dass ich doch eher auf jungs als auf Mädchen stehe. Vielleicht ist daran auch die Erfahrung die ich mit einem Mädchen gemacht habe dran Schuld, jedenfalls möchte ich darauf dann doch nicht mehr näher eingehen.
Wie gesagt - es begann in der 8. Klasse. Der Junge - ich nenne ihn jetzt mal Alex (Name geändert) - musste eine Ehrenrunde drehen da er die 8. Klasse nicht geschafft hatte, und kam deshalb in meine Klasse. Wie alle fand auch ich ihn schon auf den ersten Blick sympathisch und er machte einen freundlichen Eindruck. Da er relativ spät kam waren nicht mehr allzuviele Plätze im Klassenzimmer frei und ich bot ihm an neben mir Platz zu nehmen.

Die ersten zwei, drei Wochen verlief noch alles normal, wir kamen ins Gespräch und lernten uns kennen. Wir wurden relativ schnell gute Kumpels und gingen zusammen Skaten. Mit der Zeit begann ich mich in seiner Gegenwart wohler zu fühlen und in den ersten Ferien habe ich ihn richtig vermisst. Ich habe mir dabei aber noch keine Gedanken gemacht. Als die Ferien rum waren, die trotz einer Länge von nur einer Woche doch relativ lang erschienen, und ich ihn wieder gesehen habe, hat sich meine Laune schlagartig gebessert. Schon am ersten Tag nach den Ferien sind wir wieder Skaten gegangen wobei ich mich leicht am Fuß verletzt habe und deshalb am Sportunterricht nicht teilnehmen konnte. Ich durfte im Sportunterricht zuschauen und dort fiel mir das erste mal auf dass etwas anders ist.

Ich konnte den ganzen Sportunterricht meine Blicke nicht mehr von ihm abschweifen lassen, beim Anblick wurde mir nun innerlich klar dass ich wohl auf ihn stehe. Ich erzählte ihm jedenfalls nichts davon und verschwieg ihm meine Gefühle. Ich genoss einfach jeden Moment wenn wir zusammen etwas unternahmen oder im Unterricht einfach nur nebeneinander saßen.

Die Zeit verging in der Folge relativ schnell bis wir unseren Weihnachtsbasar in der Schule hatten. Wir beide waren mit zwei weiteren Klassenkameradinnen für den Aufbau eingeteilt. Nach erledigter Arbeit sind wir beide noch ein bisschen über den Basar in der Aula gelaufen und haben uns ein wenig umgeschaut was die anderen Klassen so alles auf die Beine gestellt hatten. Natürlich hatte ich auch in diesem Moment wieder die Gefühle für ihn und ich konnte einfach nicht mehr und musste es ihm sagen - allerdings wollte ich es anfangs nur ihm unter 4 Augen sagen. Ich überlegte wo ein perfekter Ort dafür wäre und kam auf die Idee dass wir in das Obergeschoss der Schule gehen könnten - dort wäre um die Uhrzeit garantiert keiner mehr. Am meisten Angst hatte ich jedoch davor ihn zu überreden mit nach oben zu gehen. Ich hatte echt keine Ahnung wie ich es anstellen soll, jedoch reichte der eine Satz "Möchten wir ein bisschen nach oben gehen, da is ruhiger". Ich weiß bis heute noch nicht ob er sich dabei schon etwas gedacht hat oder nicht, aber wir gingen relativ gelassen nach oben.

Oben angekommen war es stockfinster da das Licht um diese Uhrzeit nicht mehr eingeschalten war. Wir tasteten uns zu einem Fenster vor wo etwas Licht von draußen reinkam. Wenn ich mich recht erinnern kann wollte ich damals mit dem Satz "Ich möchte dir etwas sagen" anfangen, doch ich konnte mich nicht überwinden diesen Satz über die Lippen zu bringen. Ich war von meinen Gefühlen ferngesteuert, nahm seine Hand, zog seinen Oberkörper zu mir und küsste ihn einfach nur noch auf die Lippen. Für mich war das ein überwältigendes Gefühl. Ich merkte dass Alex verunsichert war und entschuldigte mich auf der Stelle, doch das einzige was von Alex in den ersten Minuten danach als antwort kam war ein leises "Wow".

In der Folge standen wir beide wie angewurzelt da, irgendwann setzte ich mich auf den Boden, vor Enttäuschung dass ich jetzt alles versaut hatte. In der Tat - Alex ging davon. Ich rechnete mit dem schlimmsten und musste sogar leicht weinen. Plötzlich merkte ich wie sich jemand im dunklen neben mich setzte. Es war Alex wie ich durch das geringe Restlicht erkannte. Wir blickten uns nun in die Augen und fingen an uns zu küssen. In mir flammten die Gefühle wieder auf. Wir wurden von einem Kichern unterbrochen und waren beide panisch dass uns jemand gesehen hatte. Alex beschloss schnell nach unten zu gehen und ich solle nachkommen.

Das Kichern kam von einem Stockwerk unten drunter, hier hatten Kinder ein wenig gespielt. Da wir uns auf dem Basar nicht mehr öffentlich küssen wollten, schrieben wir uns nur noch SMS. Wir verabredeten uns für den 23. Dezember - den Ferienbeginn - bei ihm. Dieses treffen führte uns noch enger zusammen und wir hatten eine offizielle Beziehung - unsere Eltern bzw. Kumpels wussten allerdings noch nicht davon.

Unser Coming-Out hatten wir dann in der Nacht vom 31.12 auf 1.1. - kurz nach Mitternacht. Wir hatten mit unseren Kumpels gemeinsam Silvester gefeiert. DIe Pärchen begannen sich nach Mitternacht zu küssen, nur wir hielten uns noch zurück. Alex rief die Gäste zusammen und meinte dass er etwas sagen möchte. In diesem Moment erzählten wir unseren Kumpels dass wir uns ineinander verliebt hätten und seit dem 23.12 ein Paar sind. Unsere Kumpels guckten erst ungläubig, fanden den Schritt aber mutig und respektierten dies. Nun küssten auch wir beide uns zum neuen Jahr und gingen später sogar noch ein bisschen weiter, doch darüber schreibe nicht mehr.

Am Ende wussten nur unsere Freunde und die Eltern Bescheid dass wir homosexuell sind. Alle in unserem Umfeld respektierten diese Entscheidung.

Wir führten bis nach dem Ende der 10. Klasse eine glückliche Beziehung, bis uns die Wege nach der Schule trennten. Alex machte eine Ausbildung in Berlin, und ich blieb in Süddeutschland. Die Entfernung hat die Beziehung leider zerstört, Kontakt halten wir aber trotzdem noch als ziemlich beste Kumpels.

Die Beziehung mit Alex war die bis jetzt schönste Zeit in meinem Leben, und das Coming Out war halb so wild wie gedacht.

Ich hoffe, euch hat diese doch relativ lange Geschichte gefallen und wünsche euch noch einen schönen Tag :)
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